Von THORSTEN KNUF
Die Bundesregierung stellt einen Gesetzesentwurf nach EU-Vorbild vor. Demnach sollen Händler verpflichtet werden, ausrangierte Elektrogeräte wieder zurückzunehmen. Bis 2019 sollen 65 Prozent des Elektromülls wiederverwertet werden.
In vielen Kellern oder Abstellkammern lagern jede Menge alte Elektrogeräte – etwa ausrangierte Fernseher, Kühlschränke, Staubsauger, Wasserkocher oder Handys. In den normalen Hausmüll dürfen solche Geräte nicht. Und etliche Verbraucher können sich einfach nicht dazu aufraffen, sie zu spezialisierten Sammelstellen zu bringen. Nun will die Bundesregierung den Handel verpflichten, alte Elektro- und Elektronikgeräte kostenlos zurückzunehmen. An diesem Mittwoch hat das Bundeskabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf gebilligt. Ein Überblick:
Warum soll der Handel ausrangierte Elektrogeräte zurücknehmen?
Elektrogeräte enthalten oft jede Menge wertvoller Bauteile, zum Beispiel Metalle wie Kupfer oder sogenannte Seltene Erden, die unter anderem bei der Halbleiter-Produktion eingesetzt werden. Viele Bestandteile sind aber auch umweltschädlich. Mit dem neuen Gesetz will die Bundesregierung erreichen, dass künftig mehr Elektrogeräte fachgerecht entsorgt werden und nicht im Hausmüll oder am Straßenrand landen oder gar zum Ausschlachten ins Ausland gebracht werden. Mit dem nationalen Gesetz setzt Deutschland eine EU-Richtlinie um. Ziel ist es, bis 2019 insgesamt 65 Prozent des anfallenden Elektromülls zu erfassen und wiederzuverwerten. „Mit dem neuen Gesetz werden künftig noch weniger Altgeräte im Hausmüll landen und stattdessen umweltfreundlich entsorgt. Das schützt die Umwelt und schont Ressourcen“, sagt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Schätzungen zufolge fallen in Deutschland pro Kopf und Jahr rund 23 Kilogramm Elektroschrott an. Nicht einmal neun Kilogramm davon werden gesammelt.
Können Verbraucher künftig alle Geräte beim Elektro-Händler abgeben?
Für die Entsorgung gibt es zwei Kategorien von Geräten: Kleine Geräte mit einer Kantenlänge von bis zu 25 Zentimeter können ohne Einschränkung beim Händler abgegeben werden. Darunter fallen beispielsweise Mobiltelefone und viele Haushaltsgeräte wie Haartrockner, Wasserkocher oder Toaster. Bei größeren Geräten mit einer Kantenlänge von mehr als 25 Zentimetern ist der Händler nur zur kostenlosen Rücknahme verpflichtet, wenn der Kunde ein vergleichbares Neugerät erwirbt. In beiden Fällen müssen die Altgeräte nicht im selben Laden gekauft worden sein. Der Kunde muss folglich auch keine alten Rechnungen vorlegen.
Ist jeder Händler zur Rücknahme alter Geräte verpflichtet?
Nein. Nur solche, die mehr als 400 Quadratmeter Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte haben. Das trifft beispielsweise für große Ketten wie Media Markt oder Saturn zu. Aber in der Regel nicht für den mittelständischen Fachhändler um die Ecke und auch nicht für Supermärkte, die gelegentlich Elektrogeräte als Aktionsware im Angebot haben.
Gilt die Rücknahmepflicht auch für Online-Händler?
Ja. Deshalb läuft diese Branche auch Sturm gegen die Gesetzespläne. Die Rücknahmestellen der Online-Händler sollen „in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endnutzer eingerichtet werden“. Das Ministerium legt den Anbietern nahe, Kooperationen mit dem stationären Handel oder mit Sozialbetrieben einzugehen, die Altgeräte sammeln und Erlöse mit dem Verkauf der Wertstoffe erzielen. Wenn sich ein Verbraucher dazu entscheidet, die Geräte per Paket zurückzuschicken, so muss die nächste Annahmestelle desjenigen Paketdienstes, mit dem der Händler Vertragsbeziehungen unterhält, ohne größeren Aufwand erreichbar sein.
Und was passiert mit dem ganzen Schrott, der künftig bei den Händlern anfallen wird?
Die Händler können die alten Geräte entweder selbst verwerten oder sie den Herstellern oder spezialisierten Entsorgungsunternehmen übergeben. Den Herstellern kommt in diesem System eine besondere Rolle zu, denn sie haben die so genannte Produktverantwortung. Die Hersteller melden regelmäßig die Mengen an Elektrogeräten, die sie in den Verkehr bringen. Daran orientieren sich auch ihre Entsorgungspflichten und die Kosten, die sie zu tragen haben. Die Entsorgungsunternehmen – egal ob in kommunaler oder privater Trägerschaft – sind ganz wild darauf, mehr Elektroschrott als bisher zu verwerten. Denn mit dem Recycling vieler Komponenten lässt sich gutes Geld verdienen.
Ab wann sollen die neuen Regeln gelten?
Am Mittwoch hat sich das Bundeskabinett mit dem Gesetzentwurf befasst. Jetzt sind Bundesrat und Bundestag am Zug. Stimmen diese zu, können die neuen Regeln zum Jahresende in Kraft treten.