„LED werden deutlich günstiger“
08.04.2012 – Fünf Fragen an Professor Henning Riechert – Energiesparlampen haben im Gegensatz zu Leuchtdioden kaum Zukunft, sagen Experten. LED, lichtemittierende Dioden, sind Halbleiter-Bauelemente, die Licht abgeben, sobald Strom hindurch fließt. Im Interview erklärt Professor Henning Riechert, Direktor des Paul-Drude-Instituts für Festkörperelektronik in Berlin, warum sich LED am Markt durchsetzen werden und worauf Verbraucher beim Kauf achten sollten.
Professor Henning Riechert, Direktor des Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik in Berlin
biallo.de: Der Gesetzgeber nimmt ineffiziente Glühlampen vom Markt. Birnen mit 60 Watt sind schon nicht mehr erhältlich. 2012 kommt für die restlichen klaren Glühlampen das Aus. Ab 2016 gibt es keine Lampen mehr, die auf der Effizienzskala nur die Klasse C oder schlechter erreichen. Haben lichtemittierende Dioden – kurz LED – das Zeug, auch im Wohnbereich die Nachfolge anzutreten?
Henning Riechert: LED sind aus technischen Gründen hervorragend für die Beleuchtung geeignet. Während die ersten Weißlicht-LED noch ein kaltes, eher ungemütliches Licht abgaben, lassen sich heute Farbcharakteristiken erzeugen, die der des Sonnenlichts sehr nahe kommen. Prinzipiell lassen sich auch LED-Chips herstellen, die eine weite Abstimmung der Farbcharakteristik zulassen – je nach Stimmung oder Tageszeit. Darüber hinaus bieten LED durch ihre Bauform ganz andere Möglichkeiten zum Einbau in Lampen und Beleuchtungssysteme. Dies ist schon jetzt an der sprunghaft zunehmenden Anzahl neuer, LED-basierender Leuchten zu erkennen. Ich denke, hier wird sich noch viel Aufregendes tun und wir werden völlig neue Designs von Leuchtquellen sehen. Durch die extrem lange Lebensdauer der LED von im Schnitt 50.000 Stunden, das entspricht fünf Jahren Dauerbetrieb, ist auch der Einsatz an schwer zugänglichen Orten sinnvoll.
biallo.de: Was macht Experten so sicher, dass sich LED und nicht klassische Energiesparlampen zur Beleuchtungstechnik des 21. Jahrhunderts auch in Wohnungen und Häusern entwickeln?
Riechert: Zwei Faktoren sind hier entscheidend, zum ersten der Wirkungsgrad der Lichterzeugung. In dieser Hinsicht sind die Energiesparlampen bereits weitgehend ausgereizt. Die momentan kommerziell verfügbaren LED haben etwa denselben Wirkungsgrad. Labormuster von LED haben aber schon weitaus höhere Wirkungsgrade, die sicherlich in den nächsten Jahren auf den Markt kommen werden. Ich rechne daher damit, dass LED bald vom Wirkungsgrad her den Energiesparlampen überlegen sein werden. Damit werden LED zumindest überall dort zum Einsatz kommen, wo künstliches Licht über lange Zeiten eingeschaltet sein muss. Der zweite Faktor sind die Kosten. Diese sind heute bei LED noch höher als bei Energiesparlampen, aber die Industrie arbeitet intensiv daran, die Produktionskosten zu senken.
biallo.de: LED haben bislang noch eine Reihe von Nachteilen für Verbraucher. Was sind die wesentlichen?
Riechert: Dies sind sicher die oft als unangenehm kalt empfundene Lichtqualität vieler, vor allem billiger LED und die daraus resultierende schlechte Farbtreue bei der Ausleuchtung. Aber das ist ja mittlerweile behoben. Und es bleibt natürlich die Frage der Kosten. Ich erwarte jedoch, dass LED deutlich günstiger werden.
biallo.de: Aufgrund steigender Preise bei sogenannten Metallen der Seltenen Erden sowie bei Aluminium wird mittelfristig aber gerade kein Kostenverfall bei Leuchtdioden vorhergesagt. Worauf müssen sich Verbraucher tatsächlich einstellen?
Riechert: Seltenerd-Elemente werden für die Halbleiterbauteile in der Regel nicht benötigt. Sie sind aber Bestandteil mancher Leuchtstoffe, wobei es sich dann um kleine Beimischungen handelt. Aluminium ist genügend auf dem Markt. Bedenken gibt es hingegen bezüglich der Verfügbarkeit des Elements Indium. Dieses ist für die Herstellung der sogenannten aktiven Zone der LED unerlässlich. Es müssen allerdings nur wenige Atomlagen davon eingebaut werden, sodass die benötigten Gesamtmengen keine Beschränkung darstellen. Unter dem Strich halte ich also Warnungen vor einer Knappheit benötigter Grundmaterialien für übertrieben.
biallo.de: Eine LED zu beurteilen ist nicht einfach. Bei Lichtqualität etwa oder Lebensdauer gibt es eine erhebliche Bandbreite. Worauf sollten Verbraucher achten?
Riechert: Für den Einsatz in der Raumbeleuchtung ist die Farbcharakteristik entscheidend. Denn sie bestimmt wie der Raum ausgeleuchtet wird. Also ob Betrachter das Licht zum Beispiel als warm und behaglich empfinden. Zur Spezifizierung wird die sogenannte Farbtemperatur in der Einheit Kelvin – kurz K – angegeben. Etwa 5000 K empfinden wir als kühl, 2800 K hingegen als warm. Wenn es darauf ankommt, eine möglichst farbtreue Beleuchtung zu erreichen, dann muss die Lichtquelle ein Spektrum des Lichtes anbieten, das dem der Sonne möglichst genau entspricht. Bei Glühbirnen ist dies der Fall, für andere Leuchtmittel gilt dies jedoch nicht unbedingt. Eine extremes Beispiel sind die teilweise in der Straßenbeleuchtung eingesetzten Natriumdampf-Lampen mit ihrer gelb-orangen Färbung. LEDs werden daher bezüglich ihrer Farbwiedergabe durch den sogenannten Farbwiedergabeindex Ra spezifiziert, der für anspruchsvolle Beleuchtung bei 90 oder besser liegen sollte. Auch die Lebensdauer wird von den Herstellern angegeben, sie sollte bei mindestens 20.000 Stunden liegen.
(biallo von Matthias Kutzscher)