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Kupfer und Co. – Bayern sucht Schätze im Müll

Kupfer und Co. – Bayern sucht Schätze im Müll

Weil Rohstoffe wie Kupfer immer wertvoller werden, schickt Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil Geologen aus. Experten dagegen fordern eine höhere Recyclingquote.

Sie stecken in Handys, Computern, Batterien oder Leuchtstoffröhren genauso wie in Windkraftanlagen und Elektroautos. Seltene Erden heißt der Rohstoff, der für die Industrie mittlerweile unverzichtbar ist. Das betrifft insbesondere Bayern, wo die Industrie von der Versorgung mit solchen sogenannten geogenen Rohstoffen abhängig ist.

Nicht nur Seltene Erden, auch Gold, Kupfer, Platin oder Industrieminerale, allesamt Stoffe, die auf natürliche Weise in der Erde entstanden sind, sind weltweit immer begehrter.

Deshalb ziehen die Preise wieder an. Wie die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) errechnet hat, liegt der Rohstoffpreisindex deutlich über dem Vorjahreswert. Er bildet die Preisentwicklung von 42 Metallen und Mineralien ab, die für die Wirtschaft wichtig sind.

Vor allem Zinn und Eisenerz sind demnach momentan gefragt. vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt: „Bayern ist auf bezahlbare Rohstoffe angewiesen. Wir müssen dauerhafte Strategien haben, wie wir die Verfügbarkeit der Rohstoffe absichern.“

Weißkalke auf der Fränkischen Alb, Quarzkies in Niederbayern

Die Lage scheint so dringlich zu sein, dass Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) nun nach Hightech-Bodenschätzen im eigenen Land suchen lässt. Geologen sollen historische Abraumhalden und bisher ungenutzte Gesteinsvorkommen im Freistaat nach Ressourcen durchforsten.

Auf der Liste der gesuchten Stoffe stehen spezielle Weißkalke, siliziumreiche, hochreine Quarze und Seltene Erden. Auf der Fränkischen Alb konnten schon Weißkalke nachgewiesen werden, die für die Papierindustrie wichtig sind. In Niederbayern haben die Geologen Quarzkiesvorkommen im Visier, die die Silizium-Industrie braucht.

„Bayern ist eines der wenigen Länder in Deutschland, die in heimische Rohstofferkundung investieren“, sagt der Minister. Für diese Erkundung stellt das Ministerium 250.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Damit will Zeil die „Potenziale erkunden, um die Rohstoffversorgung Bayerns sicherzustellen“.

Seltene Erden zählen mittlerweile zu den wertvollsten Rohstoffen der Welt. Da könnte sich ein Abbau, der früher unrentabel war, inzwischen rechnen. Es geht aber auch um Unabhängigkeit, denn 97 Prozent der Seltenen Erden kommen aus China.

China will Ausfuhr nach unten fahren

Die Bezeichnung Seltene Erden ist irreführend. Es handelt sich weder um Erde, noch sind der Stoffe besonders selten. Es geht um 17 Metalle, geologisch gesehen Massenware, die sich aber nur kostenintensiv abbauen lassen.

Weil China sich bislang weder um Umwelt- noch um Arbeitsschutz kümmerte, konnte das Land die Vorkommnisse konkurrenzlos günstig abbauen und auf dem Weltmarkt anbieten. In der Vergangenheit hat die Volksrepublik mehrfach die Exportquoten gesenkt. Auch im kommenden Halbjahr soll die Ausfuhr reduziert werden.

Von Handelsbarrieren und Versorgungsengpässen war die Rede. Grund genug für die EU, tätig zu werden. Nach Schätzung lagern im Boden der Mitgliedstaaten Mineralien im Wert von 100 Milliarden Euro. Kräfte bündeln, um die Bodenschätze zu fördern, heißt nun die Devise. Für die nötigen Technologien stellt Brüssel von 2014 an jährlich 90 Millionen Euro zur Verfügung.

Für Rohstoffsicherheit ziehen Unternehmen an einem Strang

Eigentlich ist die Rohstoffbeschaffung ureigene Aufgabe der Unternehmen. Die vbw hat deshalb das Kölner Institut für Wirtschaft, IW, mit einer Studie zur Rohstoffsituation in Bayern beauftragt. Im Sommer haben die Experten die Ergebnisse vorgelegt.

Demnach bleibt auch in Zukunft die bezahlbare Sicherung der Rohstoffbasis eine Herausforderung für die Unternehmen. Risiken für ihr Geschäft sehen vor allem Chemische Industrie, Metall- und Elektroindustrie sowie das Verkehrswesen. Als Strategie gegen Engpässe in der Rohstoffversorgung empfehlen die Fachleute auch, sich zu Netzwerken zusammenzuschließen.

Genau das haben einige deutsche Industriekonzerne bereits getan. Unter dem Dach des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) haben Automobilhersteller wie BMW oder Konzerne wie Wacker Chemie eine „Allianz zur Rohstoffsicherung“ gegründet.

„Die Allianz arbeitet am Aufbau eines schlagkräftigen Unternehmens, das die Rohstoffsicherheit Deutschlands nachhaltig verbessern soll“, erklärt BDI-Vizepräsident Ulrich Grillo. Dieses Unternehmen soll sich an Rohstoffprojekten beteiligen. Dazu gehören auch Erkundung und Bewertung von Vorkommen.

Einen anderen Weg empfiehlt Horst Wildemann, Leiter des Forschungsinstituts für Unternehmensführung, Logistik und Produktion. Er setzt auf Ressourceneffizienz. „Der schonende und nachhaltige Umgang mit lebensnotwendigen Rohstoffen wird künftig immer wichtiger“, sagt Wildemann. „Das hat nichts damit zu tun, dass sich Firmen einen grünen Anstrich verpassen. Das ist schlicht ökonomische Notwendigkeit.“

Eine Sprache, die die Unternehmen verstehen. Und wo Risiken sind, da bieten sich auch Möglichkeiten. Laut der IW-Studie sehen knapp 27 Prozent der deutschen Unternehmen in der Rohstoffverknappung wirtschaftliche Chancen. Hersteller von Effizienztechnologien und Anbieter von Alternativstoffen und Substituten wittern Morgenluft.

„Wer mit weniger Rohstoffen auszukommt, wird riesige Wachstumsimpulse haben“

Wildemann, der auch als Professor an der Technischen Universität München Betriebswirtschaft lehrt, sieht im intelligenten Management von Ressourcen Chancen für die Wirtschaft. Auch wenn bisher mit einer ressourcenorientierten Unternehmenskultur keine Gewinnsteigerungen erwirtschaftet werden konnten, liegt darin nach Wildemanns Ansicht die Zukunft.

„Das ist ein Automatismus: Geringerer Rohstoffverbrauch senkt die Produktionskosten, verringert die Abhängigkeit von Lieferanten. Dafür notwendige Technologien erzeugen neue Geschäftsfelder, die Akzeptanz in der Gesellschaft eröffnet neue Spielräume bei der Preisgestaltung.“

Rohstoffe sind in Wildemanns Augen „Befähiger“, um etwas zu produzieren. Er ist sich sicher: „Derjenige, der hier als Erster neue Ideen hat, mit weniger Rohstoffen auszukommen, der wird riesige Wachstumsimpulse haben.“

Neben Einsparen geht es auch um Recycling. Das allerdings gilt für Rohstoffe wie Seltene Erden als extrem kompliziert und aufwendig. Wildemann entgegnet: „Da muss man eben in Forschung und Entwicklung investieren. Das Recycling von Autos funktioniert inzwischen fast perfekt. Warum sollte das bei Handys nicht möglich sein?“

Kupfer durch Aluminium ersetzen – eine Herausforderung

Während Wildemann in der kommenden Woche mit den Spitzen der bayerischen Wirtschaft beim Münchner Management Kolloquium über Ressourceneffizienz diskutiert, handeln einige kleine und mittlere Unternehmen bereits.

So wie Epcos in München, ein Hersteller elektronischer Bauelemente für die Automobil-, Industrie- und Konsumgüterelektronik. Das Unternehmen favorisiert die Miniaturisierung. „Wir haben unsere Bauteile in den letzten Jahren um ein Vielfaches verkleinert, und das bei gleicher Leistung“, sagt Gerd Schulz, Leiter des Umweltreferats bei Epcos. Damit verringert das Unternehmen den Einsatz von Rohstoffen wie Kupfer, Aluminium, Gold, Lithium oder Niob.

Die Mühldorfer Firma ODU versucht in ihren Steckverbindungssystemen das teure Kupfer durch kostengünstigeres Aluminium zu ersetzen. Eine technologische Herausforderung, denn Aluminium reagiert anders als Kupfer.

Fachleute wie Monika Nörr, Innovationsexpertin der IHK für München und Oberbayern, sehen darin beachtliche Potenziale für die bayerische Wirtschaft. „Viele Mittelständler bieten schon jetzt innovative Technologien an und sichern sich damit einen Marktvorsprung.“

Dennoch: „Die moderne Gesellschaft wird auf absehbare Zeit sogar noch verstärkt auf die Gewinnung vieler Rohstoffe aus primären Quellen angewiesen bleiben“, erklärt Hartwig Frimmel, vom Lehrstuhl für Geodynamik und Geomaterialforschung an der Universität Würzburg und verweist auf die wachsende Weltbevölkerung und die materiellen Bedürfnisse der Schwellenländer.

Der Lockruf der Seltenen Erden in Bayern wird also die Geologen wohl noch eine Weile beschäftigen.

Quelle: Welt online

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