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Japans Verbrauch von Seltenen Erden soll sinken

30.03.2012 – Japans Verbrauch von Seltenen Erden soll sinken

Privatwirtschaft arbeitet an Ersatztechnologien / Zudem mehr Recycling geplant / Von Detlef Rehn
Tokio (gtai) – Japan ist bei Seltenen Erden und anderen Metallen stark von der VR China abhängig. Um dies zu ändern, sucht die Wirtschaft nach Möglichkeiten, die Metalle durch weniger kritische Werkstoffe zu ersetzen. Neue Hochleistungsmagnete und Motoren für Elektroautos sind wichtige Betätigungsfelder. Ferner will Japan mehr Metalle recyceln. Die Privatwirtschaft hat verschiedene Projekte aufgelegt. Die Regierung erwägt, ein landesweites Recyclingsystem für kleine Elektro- und Elektronikgeräte aufzubauen.

Obwohl Japan seit einigen Jahren in einer Reihe von Hochtechnologiefeldern unter großem Druck europäischer, US-amerikanischer, südkoreanischer und auch chinesischer Wettbewerber steht, ist das Land immer noch bei zahlreichen Zukunftserzeugnissen dominierend. Dies gilt zum Beispiel für Hybrid- und Elektroautos oder Hochleistungsbatterien.
Um auf diesen Gebieten international konkurrenzfähig zu bleiben, ist Japan stark daran interessiert, dass Seltene Erden und andere „strategische“ Metalle, die bei der Herstellung vieler High-Tech-Produkte benötigt werden, auch in Zukunft in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Bislang war die VR China als weltweit wichtigster Produzent dieser Materialien die bedeutendste Bezugsquelle, doch sieht Japan diese Abhängigkeit als gefährlich an und hat entsprechend Schritte eingeleitet, sie zu verringern.

Japan ist einer der großen Verbraucher von Seltenen Erden. Das Land importierte 2010 nach Angaben der Zollstatistik knapp 28.600 t. Die Development Bank of Japan gibt gleichzeitig den Inlandskonsum auf Basis von Zahlen des Wirtschaftsministeriums (METI) mit 31.000 t an. Der Weltbedarf erreichte etwa 136.000 t.

Im Jahr 2011 importierte Japan nur noch etwa 22.500 t. Ein Hauptgrund hierfür war, dass die wichtigen Anwenderbranchen Seltener Erden, so vor allem die Kfz- sowie die Elektro-und Elektronikindustrie, angesichts extremer Steigerungen der Weltmarktpreise ihre Anstrengungen verstärkten, weniger Werkstoffe zu verwenden, sie zu ersetzen oder zu recyceln. Auch die Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Atomunfall von Fukushima dürfte sich verbrauchsmindernd ausgewirkt haben.

Inlandsverbrauch an Seltenen Erden nach Einsatzfeldern (in Tonnen)
Einsatzfeld SE-Metall 2010 1) 2011 2)
Poliermittel Cer 10.000 5.000
Optische Linsen Lanthan 2.800 1.500
Magnete Neodym, Dysprosium 5.800 5.000
Autokatalysatoren Cer 2.300 2.500
Batterien Mischmetalle 3.000 3.000
FCC-Katalysatoren Lanthan, Cer 1.000 800
Andere 6.100 5.200
Gesamt 31.000 23.000

1) tatsächliche Ergebnisse; 2) Prognose

Quelle: Development Bank of Japan, Dezember 2011

Bei seiner Strategie, die große China-Abhängigkeit zu verringern, geht Japan mehrgleisig vor. Zum einen sind Staat und private Unternehmen und hier besonders die großen Handelshäuser dabei, im Rahmen einer sehr aktiven Ressourcendiplomatie neue Lieferquellen zu erschließen (siehe Artikel „Japan will bei strategischen Metallen von China unabhängiger werden“ vom 28.3.2012, http://www.gtai.de).

Eine zweite Maßnahme ist, genügend große Lagerbestände anzulegen, um Lieferausfälle zu überbrücken. Derzeit müssen Läger verpflichtend für neun „strategische“ Metalle gehalten werden: Nickel, Chrom, Tungsten, Kobalt, Molybden, Mangan, Vanadium, Indium und Gallium. Zuständig ist die dem METI unterstehende Japan Oil, Gas and Metals National Corporation (JOGMEC).

Drittens sucht die Privatwirtschaft nach technischen Möglichkeiten, die „strategischen“ Metalle durch andere Werkstoffe zu ersetzen und den Verbrauch zu verringern. Hierbei erhalten die Unternehmen vielfach finanzielle Unterstützung durch den Staat. So veröffentlichte das METI am 8.2.12 eine Liste mit 49 Projekten, durch die unter anderem der Inlandsverbrauch an dem längerfristig tendenziell knappen Dysprosium innerhalb von zwei Jahren von derzeit 600 t pro Jahr auf 400 t gesenkt werden soll. Die Entwicklung von Hochleistungsmagneten, die kein oder weniger Dysprosium enthalten, ist zum Beispiel das Thema eines Projekts bei TDK. Das METI unterstützt die Vorhaben mit insgesamt 50 Mrd. Yen (457 Mio. Euro, 1 Euro = rund 110 Yen), die aus dem dritten Zusatzhaushalt für das Fiskaljahr 2011 (1.4. bis 31.3.) zur Verfügung gestellt werden.

Motoren unter anderem für Elektroautos und Industriemaschinen, die keine Seltenen Erden verwenden, sind ein anderes Feld, dem viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auf der jüngsten Tokioter Messe für Elektro- und Hybridautos Mitte Januar 2012 stellte zum Beispiel die japanische Firma Nidec einen neuen SR-Motor („switched reluctance“) vor, der keine Permanentmagneten benötigt und daher ohne Werkstoffe wie Neodym und Dysprosium auskommt. Nidec plant, SR-Motoren ab etwa 2013 in Serie herzustellen. Wie die Zeitung „Nikkan Kogyo Shinbun“ Ende Februar 2012 ergänzend berichtet, wolle Nidec in den Aufbau der Fertigungsstätten in Japan, China, Polen und Mexiko bis 2015 zwischen 200 Mrd. bis 300 Mrd. Yen investieren.

Dem Ziel, Seltene Erden einzusparen, dient auch das am 7.12.11 gegründete Gemeinschaftsunternehmen Intermetallics Japan Corporation. Partner sind die Spezialstahlfirma Daido Steel, das Handelshaus Mitsubishi Corp. sowie das US-amerikanische Unternehmen Molycorp., der größte Produzent von Seltenen Erden außerhalb Chinas. Am Kapital von 8,3 Mrd. Yen hält Daido einen Anteil von 35,5%. Auf Mitsubishi entfallen 34,5%, auf Molycorp. 30%.

Geplant ist, voraussichtlich ab Januar 2013 jährlich zunächst 500 t neuartige Neodym-Eisen-Bor (NeFeB)-Permanentmagnete zu produzieren und zu vermarkten. Hierzu wird in Nakatsugawa (Präfektur Gifu) ein neues Werk errichtet. Die Anlageinvestitionen belaufen sich nach einem Bericht des Wirtschaftsblattes „Nikkei“ auf 10 Mrd. Yen. Die Magnete sind vor allem für eine Anwendung in der Autoindustrie gedacht. Der „Nikkei“ zufolge hat ein namentlich nicht genannter großer deutscher Autobauer bereits beschlossen, die neuen Dauermagnete einzusetzen.

Ein umfassenderes und effizienteres Recycling von Seltenen Erden und anderen Metallen ist der vierte Schwerpunkt der japanischen Strategie. So sind zum Beispiel in Autokatalysatoren sowie in kleinen Elektro- und Elektronikgeräten beträchtliche Mengen zu finden. Präzise, verlässliche Angaben hierzu sind zwar schwer zu ermitteln, doch hat die Zeitung „Nikkan Kogyo Shimbun“ berechnet, dass die im Inland nicht mehr verwendeten PC allein 14,9 t Tantal und unbenutzte Handys weitere 3,2 t dieses Metalls enthielten; dies entspreche 5% des gesamten heimischen Tantalbedarfs.

Die in den kleinen Elektro- und Elektronikgeräten verborgenen „Schätze“ sollen in der Zukunft besser als bisher geborgen werden. Zwar gibt es bereits für Mobiltelefone und für Computer ein geregeltes Rücknahmesystem, sodass die Recyclingquoten recht hoch sind: Bei Handys etwa lag sie 2010 bei 37,8%. Doch im Falle von Spielekonsolen, Digital- und Videokameras, DVD-Playern und anderen Geräten sieht die Lage sehr viel ungünstiger aus.

Das Umweltministerium hat 2008/2009 in einer Reihe von Regionen des Landes Modellversuche zum Recycling von Kleinelektrogeräten durchgeführt und diskutiert auf dieser Basis darüber, wie sich ein landesweites System aufbauen lässt und damit auch Geld für den Import „strategischer“ Metalle und anderer Werkstoffe eingespart werden kann. Die Vorschläge einer Expertengruppe gehen dahin, ein solches System bis 2014 aufzubauen. Es gibt allerdings noch zahlreiche offene Punkte, nicht zuletzt die Frage, wie eine Wiederverwertung finanziert werden kann.

Auch bei anderen Metallen gibt es für das Recycling noch viel Spielraum. Die britische Chemiefirma Johnson Matthey schreibt in ihrem Bericht „Platinum 2011“, dass Japan im Falle von Platin für Autokatalysatoren 2010 nur rund 11% seiner Gesamtnachfrage von 545.000 Unzen über Recycling deckte. Der Durchschnittspreis pro Unze lag 2010 bei 1.611 US$.

Ähnlich zur Frage, wie der Verbrauch der Metalle reduziert werden kann, hat die Privatwirtschaft auch im Hinblick auf das Recycling Projekte aufgelegt. Nach einem Bericht der Zeitung „Nikkei Business Daily“ von Mitte Oktober 2011 wird Mitsubishi Materials etwa 1 Mrd. Yen investieren, um die Verwertungskapazität von nicht mehr benutzten großen Hauselektrogeräten, unter anderem von Klimageräten und Kühlschränken, in der Firma Cetec um 30% auf jährlich 520.000 Einheiten zu erhöhen. Cetec mit Sitz in der Präfektur Mie ist ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen Mitsubishi Materials und Panasonic. Gleichzeitig soll mit dem Recycling von Seltenerdmetallen, darunter Neodym, begonnen werden. Ferner hat Hitachi eine neue Technologie entwickelt, Seltenerdmagnete aus Festplattenlaufwerken und Klimageräten zu recyceln. Sie soll ab 2013 voll einsatzbereit sein.

Die 13. Asien-Pazifik Konferenz der Deutschen Wirtschaft (APK) wird vom 1. bis 3. November 2012 in Gurgaon, New Delhi, stattfinden. Die APK, die seit 1986 alle zwei Jahre in Asien veranstaltet wird, hat sich inzwischen als bedeutendstes Netzwerktreffen in der Region etabliert. Mehr als 700 Entscheidungsträger aus Unternehmen, Verbänden und Bundesministerien nahmen an der letzten APK in Singapur 2010 teil.

Die Organisation vor Ort liegt bei der AHK Indien (Indo-German Chamber of Commerce, IGCC), bei der weitere Informationen unter der E-Mail Adresse: [email protected] oder auf folgender Homepage: http://indien.ahk.de/apk/ erhältlich sind.

Organisiert wird die APK von den Auslandshandelskammern (AHKs) in der Region Asien-Pazifik, dem Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) – mit seinen Trägerverbänden Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Deutscher Industrie-und Handelskammertag e.V. (DIHK), German Asia-Pacific Business Association (OAV), Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels (BGA) und Bankenverband – und dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).
(Germany Trade & Invest gtai)

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