Die Energiewelt von morgen im Praxistest
Mit SmartQuart ist das erste Reallabor der Energiewende an den Start gegangen. Es testet innovative Lösungen für die Energieversorgung der Zukunft. Diese sollen später auf andere Quartiere in Deutschland übertragbar sein.
Wie werden wir in Zukunft Energie erzeugen und wie können wir sie klug nutzen? Wie leben wir künftig in den Städten und auf dem Land, wenn Strom und Wärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen? Und wie bleibt unsere Energieversorgung dann eigentlich trotz schwankender Energieeinspeisung aus Wind und Sonne stets sicher? Antworten darauf und viele weitere Lösungen liefern die Reallabore der Energiewende. Mit ihnen möchte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Transfer von Innovationen in die Praxis beschleunigen. Denn die deutschen Klimaschutzziele sind ambitioniert. Um sie zu erreichen, muss der Anteil an erneuerbaren Energien noch deutlich wachsen. Das ist auch ein Ziel des Projektes SmartQuart. Hier werden sowohl Bürger als auch lokale Planer, Versorger und Kommunen bei der Umsetzung der Energie- und Wärmewende vor Ort mit einbezogen. SmartQuart ist das erste von mehreren Reallaboren, das mit der praktischen Erprobung startet. Im Juli 2019 hatte Bundesminister Altmaier die Gewinner des Ideenwettbewerbs Reallabore der Energiewende verkündet.
Innovationen im Test unter realen Bedingungen
„Ich freue mich, dass das erste Reallabor der Energiewende jetzt die Arbeit aufnimmt. Unsere Reallabore der Energiewende sind Innovationsprojekte im Industriemaßstab. Wir entwickeln und erproben Technologien, die wir für unsere ehrgeizigen energie- und klimapolitischen Ziele brauchen und testen diese in den Reallaboren der Energiewende unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab“, sagte Minister Altmaier anlässlich der Übergabe des Fördermittelbescheids für SmartQuart im Dezember 2019.
Fossile Energieträger sollen überflüssig werden
Das Reallabor beschäftigt sich mit der Energiewelt der Zukunft in Quartieren im städtischen und ländlichen Raum. Ein Ziel ist es, fossile Energieträger wie Kohle dort durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Informations- und Kommunikationstechnologien gepaart mit intelligenten Stromnetzen (sogenannten Smart Grids) sorgen dafür, dass die verschiedenen Anlagen verknüpft werden können und sich das Netz intelligent steuern lässt. An drei Standorten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz können so die Sektoren Wärme, Strom und Mobilität miteinander gekoppelt werden.
Wasserstoffbasiertes Microgrid auf dem Land
In der ländlichen Verbandsgemeinde Kaisersesch soll zum Beispiel ein wasserstoffbasiertes Microgrid (ein Smart Grid in kleinem Maßstab) aufgebaut werden. Wind- und Photovoltaikanlagen liefern erneuerbaren Strom, um daraus Wasserstoff zu erzeugen wenn der Strom nicht direkt benötigt wird. Die Region Kaisersesch erprobt so die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette von der Erzeugung, Umwandlung, Speicherung und Verteilung bis hin zur Nutzung.
Energiewende im urbanen Raum
Im Essener Literaturquartier, dem ehemaligen Gelände der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), werden neue Technologien für die Energiewende dagegen in einem dicht besiedelten Gebiet geprobt. Mit Hilfe einer Photovoltaik- und Hybrid-Photovoltaikanlage soll sich das Quartier mit Wohngebiet, Kleingewerbe, Büro- und Hotelgebäuden zukünftig vermehrt mit erneuerbarem Strom versorgen. Dazu gehören auch ein zentraler, quartierseigener Energiespeicher und ein intelligentes digitales Energie-Management. Ladesäulen, Elektroautos und Bike-Sharing machen zusätzlich neue Mobilitätsangebote. So sollen schon auf lokaler Ebene die Erzeugung und der Verbrauch von Energie optimiert werden können.
Quartiere nutzen Energie optimal im gegenseitigen Austausch
Besonders wichtig dabei: Die Quartiere sollen ihre Energie innerhalb und untereinander austauschen können. So könnten sich selbst unterschiedliche Quartiere nachhaltig und wirtschaftlich ergänzen. Denn eine ländliche, dünn besiedelte Gegend hat ganz andere Anforderungen an die Energieversorgung als ein innerstädtisches Gebiet mit vielen Verbrauchern. Beide bieten aber auch andere Möglichkeiten der Energieerzeugung. In allen drei SmartQuart-Quartieren beteiligen sich Anwohner, Energieversorger und lokale Technologieanbieter an der Umsetzung des Reallabors. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen später auch auf andere Wohn- und Stadtquartiere in Deutschland übertragbar sein.
Weitere Reallabore gehen in diesem Jahr an den Start
2020 sollen weitere Reallabore der Energiewende ihre Arbeit aufnehmen. Diese „Labore“ für die Energiewelt von morgen sind in ganz Deutschland zu finden, darunter auch in vom Strukturwandel betroffenen Gebieten wie den ehemaligen Kohleregionen. Das Novum dabei: Erstmals werden verschiedene innovative Technologien und Verfahren – wie etwa die Herstellung von Wasserstoff – unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab erprobt. Dabei geht es um vielfältige Fragen: Wie lässt sich Wasserstoff in großen Mengen aus grünem Strom kostengünstig herstellen und speichern? Wie können Gewerbe und private Haushalte vernetzt und optimal mit Strom und Wärme versorgt werden? Oder: Wie kann bereits vorhandene Infrastruktur für die Energiewende nutzbar gemacht werden?
Die Reallabore der Energiewende sind Teil des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung. Es fördert Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen, die neue Technologien und Lösungen für die Energiewende erarbeiten.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie / ISE- Januar 2020