Von Bernd Schlupeck
Wissenschaftler in Sachsen haben ein chemisches Verfahren entwickelt, um Seltene Erden kostengünstig aus Leuchtstoffschlämmen der Lampenproduktion und Leuchtstoffpulver alter Röhren zu gewinnen. Seltene Erden sind nicht unbedingt seltene, aber oft teure Rohstoffe, die in nahezu allen Hochtechnologieprodukten Verwendung finden.
„So, das ist jetzt der Rührkessel, wo die Leuchtstoffe aufbereitet werden.“
Peter Fröhlich, Chemiker an der Bergakademie Freiberg deutet auf einen 20-Liter-Kessel aus Glas. Das Herzstück des Aufbereitungsreaktors ist eingespannt in ein Gerüst aus Aluminium, das vom Boden bis zur Decke des Labors reicht. Im Kessel enden Schläuche von zwei gläsernen Behältern, die über dem Kessel hängen und Salzsäure enthalten. Auf dem Kessel drauf sitzt ein Rührer samt Motor. Für die Aufbereitung werden Leuchtschlämme aus der Produktion von Neonröhren in den Reaktor geschüttet und nach und nach Salzsäure aus den Trichtern zugegeben. Fröhlich:
„Das Ganze wird intensiv gerührt und bei diesem Prozess werden die Seltenen Erden freigesetzt, gehen also in Lösung. Danach folgt ein mehrstufiger Prozess, in dem wir die Seltenen Erden sehr rein gewinnen können.“
Was der Wissenschaftler so kurz und knapp zusammenfasst, ist das Ergebnis von zwei Jahren Forschung und hört auf den Namen SepSELSA – die Separation Seltener Erden aus entsorgungspflichtigen Leuchtstoffabfällen in Sachsen. Ziel des Verfahrens: Die begehrten Metalle in möglichst wenigen Schritten, so rein und günstig wie möglich aus Produktionsabfällen und Leuchtpulvern alter Neonröhren herausholen. Zuallererst haben sich die Forscher die Seltenen Erden in Produktionsabfällen vorgenommen. Die kommen als Leuchtschlämme vom Projektpartner Narva Lichtquellen und enthalten bis zu 22 Prozent Seltene Erden: Vor allem das für die Farbe Grün verantwortliche Yttrium, und das für die Farbe Rot verantwortliche Europium interessiert die Forscher. Um daran zu kommen, nutzen die Wissenschaftler aus, dass sich verschiedene Stoffe in Säure unterschiedlich gut lösen.
„Also das können Sie sich so vorstellen“, erklärt Martin Bertau, Professor am Institut für Technische Chemie. „Wenn Sie Kochsalz in Wasser geben, dann löst das Salz sich auf. Wenn man ein Leuchtstoff in Wasser gibt, passiert erst mal nichts. Wenn man jetzt eine Säure dazu gibt – Leuchtstoff ist ja ein Multikomponentengemisch – , dann kann diese Säure, so wie das Wasser das Kochsalz, Teile dieses Leuchtstoffgemisches angreifen und löst dann genau diese Teile heraus. Und die nicht-löslichen Bestandteile werden abfiltriert.“
Das Leuchtstoffgemisch wird danach weiter aufgetrennt und getrocknet. Am Ende liegen Yttrium und Europium in einer Sauerstoffverbindung vor, die in die Produktion für neue Leuchtstoffröhren zurückgeht. Klingt einfach. Aber:
„Problem ist immer, wenn ich eine Säure habe; Säure kostet viel Geld in der Chemieindustrie. Dann muss ich zusehen, dass ich die Säure handhabe wie ein kostbares Gut. Deswegen haben wir ein Verfahren entwickelt, wo wir die Säure zurückgewinnen können, und zwar in der Ausgangsstärke.“
Das ist der Clou, wenn man so will. Salzsäure, die nicht mit einem Leuchtstoff reagiert hat, wird anschließend über eine Membran abfiltriert und für eine weitere Behandlung wieder in die gläsernen Trichter gefüllt. Das spart eine Menge Geld – etwa 160 Euro kostet eine Tonne reine Salzsäure – und macht das Verfahren wirtschaftlich. Inzwischen läuft eine großtechnische Anlage beim Projektpartner FNE Entsorgungsdienste Freiberg. Hier werden bis zu 150 Kilogramm Leuchtstoffschlämme pro Tag aufgearbeitet.
Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/seltene-erden-begehrte-metalle-aus-alten-lampen.676.de.html?dram:article_id=319654