Das Start-up Infinium will CO2-intensive Verfahren in der Metallproduktion umweltfreundlicher machen.
In einem Laborgebäude, das gegenüber einem Yoga-Studio in einem Büropark in Natick bei Boston liegt, hält Adam Powell eine glänzende weiße Keramikröhre hoch. Die sei der Schlüssel dafür, um viel verwendete Metalle deutlich billiger und vor allem ökologischer herzustellen, sagt er.
Powell ist Technikchef von Infinium, einem Start-up, das ein Spinoff der Boston University ist. Die Firma arbeitet schon seit 2008 an ihrem Verfahren und ist nun bereit, mit ihren ersten Produkten auf den Markt zu gehen – die Seltenen Erden Neodym und Dysprosium werden es sein. Diese Stoffe sind notwendig, um leistungsstarke Magnete zu bauen, denen auch hohe Temperaturen nichts anhaben können. Sie stecken unter anderem in den Generatoren von Windkraftanlagen und den Elektromotoren von Autos.
Der Produktionsprozess von Infinium funktioniert auch für andere Metalle, darunter Magnesium und Aluminium. Seltene Erden sind aber als Erstes dran, weil sie einen deutlich höheren Preis erzielen. Erster Kunde wird die US-Regierung sein, das Material geht in die strategische Reserve des Landes. Seltene Erden werden nur in wenigen Regionen der Erde gewonnen und hohe Kosten und Umweltaspekte sorgen bislang dafür, dass amerikanische Firmen diese Metalle nicht in der Heimat produzieren können.
Die Infinium-Technik löst ein spezifisches Problem der Produktion: Die Umwandlung vorverarbeiteter Erze, der Metalloxide, zum eigentlichen Metall. Dies kann durch das Eintauchen in ein Bad aus Schmelzsalzen geschehen, das dann unter Strom gesetzt wird. Neben den Emissionen, die bei der Energieerzeugung anfallen, gibt der Prozess selbst Klimagase ab. Eine der Elektroden besteht normalerweise aus Kohlenstoff, die mit Sauerstoff reagiert, was CO2 bildet.
Das keramische Material, das Powell vorführt, besteht aus Zirconiumoxid. Es ersetzt die Kohlenstoffelektroden und verhindert so Emissionen. Forscher arbeiten schon lange daran, Kohlenstoff an dieser Stelle zu ersetzen, doch die Schmelzsalze korrodierten alle Alternativen. Der Hauptfortschritt von Infinium besteht nun darin, dass neben den Elektroden aus Zirconiumoxid auch noch verbesserte Schmelzsalze entwickelt wurden, die damit kaum reagieren.
Im Juni begann Infinium erstmals mit der Produktion in einer Maschine, die eine halbe Tonne Metalle aus der Kategorie der Seltenen Erden im Jahr produzieren kann. Im September wird dann eine zweite Maschine ans Netz gehen, die 10 Tonnen packt – genug, um in die Gewinnzone zu kommen, wie Powell sagt. Die Firma hat außerdem schon gezeigt, dass der Prozess für Aluminium, Magnesium, Titan und Silizium funktioniert. Die Herstellung der ersten beiden Metalle soll bis 2016 hochgefahren werden.
Die Technik ist kein Allheilmittel für die ökologischen Probleme in der Metallproduktion. Die Umweltzerstörung, die beim Abbau der Erze stattfindet, wird ebenso nicht verhindert wie der Dreck, der beim Separieren der Oxide der Seltenen Erden von anderen Stoffen entsteht.
Doch für Aluminium oder Magnesium sollen die Verarbeitungskosten um 30 bis 50 Prozent schrumpfen. Die deutlich günstigere Herstellung dieser Metalle könnte etwa die Fahrzeugherstellung revolutionieren. Sie sind leichter als der bislang vor allem verwendete Stahl und genauso stark. Gewichtseinsparungen würden den Spritverbrauch um 10 Prozent senken, glaubt ein Industriekonsortium.
Beim nun erfolgenden Produktionsstart muss vor allem geklärt werden, ob die keramischen Elektroden wirklich so lange durchhalten, wie die bisherigen Tests im kleinen Maßstab nahelegen. Wenn das Keramikmaterial nicht dauerstabil ist, gibt es einen zu geringen Kostenvorteil.
„Das Auffinden einer Alternative zu Kohlenstoffelektroden gilt in der Metallindustrie schon lange als Traum“, sagt Donald Sadoway, Professor für Materialwissenschaften am MIT, der Infiniums Arbeit kennt. „Ich glaube, die Technik ist solide, sie ist real.“ Ob die geplante Wirtschaftlichkeit erzielt wird, bleibe aber abzuwarten. „Niemand interessiert sich für eine Flowchart eines solchen Prozesses. Die Leute interessieren sich für den Preis. Wenn gutes Metall zu geringen Kosten dabei herauskommt, ist das Interesse da.“ (Kevin Bullis) / (bsc)
Quelle: http://www.heise.de/tr/artikel/Seltene-Erden-sauber-und-billig-2249980.html