Grönland bohrt gigantischen Rohstoffschatz an
Der Traum vom Wohlstand hat der Sozialdemokratin Hammond den Wahlsieg eingetragen: Sie will dafür sorgen, dass Grönlands Rohstoffe den eigenen Bürgern zugute kommen. Tatsächlich sitzt das Volk auf einem riesigen Schatz.
Noch sind Fische und Eismeergarnelen Grönlands wichtigste Exportgüter. Doch das soll sich auf der nach Unabhängigkeit von Dänemark strebenden Insel zwischen Atlantik und Arktischem Ozean bald ändern: Bodenschätze, die in Grönlands eisfreien Küstenstreifen lagern, sollen erschlossen werden, den Wohlstand der Bevölkerung mehren und zur Finanzierung der Souveränität beitragen.
Mit dem Versprechen, diesen Reichtum für die Bewohner zu erschließen, hat die Sozialdemokratin Aleqa Hammond die Parlamentswahl auf der riesigen Polarinsel mit nur 57 000 Einwohnern souverän gewonnen. Die künftige Regierungschefin will mehr von ausländischen Investoren verlangen, aber auch das bislang herschende Abbauverbot für Uran und Seltene Erden lockern. Hammond schlug mit ihrer Partei Siumut den bisherigen linkssozialistischen Regierungschef Kuupik Kleist bei der Parlamentswahl klar, wurde am Mittwoch in der Hauptstadt Nuuk mitgeteilt wurde.
Hammond hatte im Wahlkampf dem bisherigen Regierungschef einen voreiligen Verkauf heimischer Ressourcen an chinesische Interessenten vorgeworfen. Dieser hatte unter anderem durchgesetzt, dass der grönländische Mindestlohn für mehrere tausend chinesische Bergarbeiter in einem geplantem Erzbergwerk nördlich von Nuuk außer Kraft gesetzt werden kann.
Hammond kündigte noch in der Wahlnacht an, sie werde diese Regelung im neuen Parlament erneut zur Abstimmung stellen. Außerdem will sie eine höhere Besteuerung ausländischer Investoren durchsetzen. Hammond tritt aber auch für eine Lockerung des bisher kompletten Abbau-Verbotes für Uran sowie für „Seltene Erden“ ein, die für Hightech-Produkte wichtig sind.
Die Grönlander sind mit der Ex-Kolonialmacht Dänemark seit 2009 nur noch in einer „Reichsgemeinschaft“ verbunden. Sie entscheiden selbstständig über alle Belange bis auf die Außen- und Sicherheitspolitik. Die Hälfte der muss Grönland aber bislang immer noch durch Zuschüsse aus Kopenhagen decken. Dabei gibt es einen naheliegenden Ausweg: die eigenen Bodenschätze, die im Zuge des Klimawandels sehr viel erreichbarer geworden sind.
Zink aus dem Citronen-Fjord
„Grönland muss den Ressourcen-Sektor entwickeln“, sagte Jorn Skov Nielsen, Vizeminister für Wirtschaft, Arbeit und Bodenschätze, als er dieser Tage auf der Bergbaumesse PDAC in Toronto den Rohstoffreichtum der Insel einem internationalen Publikum präsentierte.
Will sich Grönland, dessen Budget jetzt noch zu annähernd der Hälfte durch Zuwendungen aus Kopenhagen finanziert wird, von Dänemark abnabeln, müssen Einnahmequellen erschlossen werden. Bislang basiert die Wirtschaft auf wenigen Pfeilern. Von den Exporteinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Dänischen Kronen (rund 330 Millionen Euro) entfallen rund 80 Prozent auf den Verkauf von Fisch und Garnelen. Tourismus ist ein weiterer wichtiger Einnahmefaktor, während auf den Bergbau bislang nur ein Prozent entfällt. „Wir müssen Mineralien, Öl und Gas fördern“, erklärt Nielsen.
Grönland setzt dabei auf Leute wie Jonathan Downes. Er ist Direktor des australischen Unternehmens Ironbark, das 2015 im Norden Grönlands am Citronen-Fjord eine Zink-Blei-Mine in Betrieb nehmen will. Mit der Zitrusfrucht hat der Fjord am Rand des grönländischen Eisschilds aber nichts gemein. Den Namen erhielt er zur Erinnerung an einen dänischen Widerstandskämpfer gegen die deutsche Okkupation im Zweiten Weltkrieg, Jorgen Haagen Schmith, der den Decknamen „Citronen“ führte.
Downes glaubt, dass der Zinkpreis anzieht, wenn es 2015/2016 zu Engpässen beim Angebot kommen sollte. „Dann sind wir da.“ Der Zinkpreis war in der Krise 2009 auf knapp über 1000 US-Dollar pro Tonne abgestürzt und liegt jetzt bei 2000 Dollar. Am Citronen-Fjord soll ganzjährig Zink gefördert und in den drei Monaten, in denen der Fjord schiffbar ist, exportiert werden.
Nach Angaben der Regierung könnte Citronen-Fjord zu den zehn größten Zinkminen der Welt gehören. Die Landkarte Grönlands, auf der Rohstofflager mit verschiedenen Farben dargestellt werden, zeigt ein Farbband entlang eines Großteil der 44.000 Kilometer langen Küste. Nur der südwestliche Teil der Küste mit der Hauptstadt Nuuk und den meisten Orten ist das ganze Jahr weitgehend eisfrei.
Kanadier und Australier stehen Schlange
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und die Deutsche Rohstoffagentur DERA haben in einer Studie das „mineralische Rohstoffpotenzial Grönlands“, zusammengestellt – von Metallen wie Gold, Platin, Silber, Kupfer, Seltenen Erden, Molybdän, Wolfram und Chrom über Industrieminerale wie Kryolit, Graphit und Olivin bis hin zu Edel-, Schmuck- und Naturwerksteinen. Grönland biete Chancen für die Rohstoff hungrigen Industrien Europas und Nordamerikas und für die grönländische Bevölkerung, da die verstärkten Nutzung heimischer Rohstoffe die Autonomie finanzieren solle, meint die DERA. Bedacht werden müsse aber zugleich das Interesse der Grönländer und des Rests der Welt am Schutz des „hochsensiblen und einmaligen Ökosystems der grönländischen Arktis“.
Die damit verbundenen „extrem hohen Genehmigungsanforderungen, die schwierigen klimatischen Verhältnisse und die größtenteils nicht vorhandene Infrastruktur müssten bei Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden.
Rund 40 Unternehmen sind in Rohstoffsuche und Minenentwicklung engagiert, mehr als die Hälfte davon kommt aus Kanada und Australien. 150 Lizenzen für Rohstoffsuche, Exploration und Abbau sind in Kraft, mehr als je zuvor. Mit fast 95 Millionen Euro erreichten die Explorationsausgaben 2011 einen Höchststand.
Gold, Titan, seltene Erden
Grönlands Politiker und der Geologische Dienst von Dänemark und Grönland sehen die Insel nun an der Schwelle von der Exploration hin zu vielversprechenden Minenprojekten. Derzeit gibt es nur eine produzierende Mine, die Nalunaq-Goldmine, die von 2004 und 2008 Gold förderte, dann ein Jahr stillgelegt wurde und seit 2010 wieder Edelmetall liefert.
Vorübergehend außer Betrieb genommen wurden Minen wie die Seqi-Olivinmine bei Nuuk, die Zink-Blei-Mine Maarmorilik Black Angel und die Molybdän-Mine bei Malmbjerg an der Ostküste, die bei günstiger Marktlage wieder produzieren können. Für Black Angel ist dies bereits vorgesehen. Sehr weit fortgeschritten im Genehmigungsprozess sind neben der Citronen-Fjord-Mine Pläne für den Abbau von Seltenen Erden bei Kringlirne an der Südspitze Grönlands, für die Erschließung des Eisenerzlagers Isua bei Nuuk und von Rubin -, Eisen-, Titan- und Vanadium-Lagerstätten im Südwesten.
Grönland rechnet sich Chancen aus, mit Kringlirne und anderen Depots einer der großen nicht-chinesischen Lieferanten der für die Hightech-Industrie wichtigen Seltenen Erden zu werden. In küstennahen Gewässern – etwa zwischen Grönland und Kanada – werden Öl- und Gasvorkommen vermutet.
Grönland verfüge über ein „auch im Weltmaßstab“ sehr großes Rohstoffpotenzial und dürfte langfristig zu einem wichtigen Rohstofflieferanten werden, urteilt die DERA.
Aber der Weg dahin ist weit. Der Bergbau in Grönland erlebt seit 100 Jahren ein Auf und Ab. Minen wurden eröffnet und geschlossen, sei es, weil die Lagerstätten erschöpft waren oder die Weltmarktpreise die Förderung unrentabel machten.
Aber für die Insel, deren Bruttoinlandsprodukt 2009 gerade einmal bei 1,9 Milliarden US-Dollar lag, werden auch einige wenige Minen, die in den kommenden Jahren eröffnet werden könnten, einen beträchtlichen Schub im Bruttoinlandsprodukt und viele Arbeitsplätze bedeuten.
Quelle: Handelsblatt