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Die schwierige Suche nach den Seltenen Erden

Bei einem Treffen in Hamburg diskutierten 200 Abfall-Experten, wie sich die begehrten Metalle recyceln lassen. Pilotanlage für 2014 geplant.

Hamburg/Berlin. Cer, Lanthan, Neodym, Ytterbium – für Metalle der Seltenen Erden interessierte sich noch bis in die 1950er-Jahre kaum jemand. Der letzte Stoff aus dieser Gruppe, Promethium, wurde erst 1947 entdeckt. Erst das Elektronikzeitalter machte die 17 chemischen Elemente zu begehrten Rohstoffen. Auch für die chemische Industrie sind Seltene Erden unentbehrlich. Cer etwa steckt in Katalysatoren, Lanthan in Batterien, Neodym in Computerfestplatten und Generatoren von Windkraftanlagen, Ytterbium in Hochleistungslasern.

95 Prozent der gefragten Metalle liefert China. Zwar gibt es auch in Australien, Russland, den USA und in Indien große Lagerstätten, doch die ersten Prozessstufen bei der Verarbeitung von Seltenen Erden finden hauptsächlich im Reich der Mitte statt. Seit das Land seine Ausfuhren beschränkt hat, wird dem Westen langsam klar, dass eine weitere Verknappung schwere Folgen haben könnte – und dass es künftig umso mehr darauf ankommen muss, nachhaltig mit den Rohstoffen umzugehen.

Die Wiederverwertung steckt hierzulande aber noch in den Anfängen, wie ein Treffen von 200 Abfall-Experten zeigte, die am Dienstag und Mittwoch in Hamburg tagten. Noch habe sich kein Recycling-System etabliert, sagte Prof. Martin Faulstich von der Technischen Universität Clausthal. Der Grund: Ungeachtet des Anstiegs der Rohstoffpreise seien Seltene Erden bisher zu preiswert gewesen, um sich deutlich auf die Produktpreise auszuwirken. Bei einem Laptop machten die Rohstoffe nur zwei bis zehn Prozent der Produktionskosten aus. Für die Industrie habe es sich daher bisher nicht gelohnt, in Recycling-Systeme zu investieren.

Doch mit Blick auf die Zukunft findet nun offenbar ein Umdenken statt, zumal zunehmend deutlich wird, welche Schätze im Elektroschrott schlummern. Experten des Öko-Instituts in Freiburg schätzen, dass allein in den 2010 in Deutschland verkauften PC rund 15 Tonnen des wegen seiner magnetischen Eigenschaften geschätzten Neodyms verarbeitet wurden und zwei Tonnen Praseodym. Recycelt wird davon bisher: nichts. Immerhin würden 25 Prozent der in Elektronik verbauten Edelmetalle Gold, Silber und Palladium zurückgewonnen, so die Experten.

Letzteres geschieht, weil von den in Deutschland ausrangierten Elektrogeräten nach Schätzungen immerhin die Hälfte ordnungsgemäß auf Recyclinghöfen landet. Spezialisierte Firmen zerlegen den Schrott dann in seine Einzelteile. Ein weiterer Teil des Mülls gelangt hingegen ins Ausland. Und immer wieder werfen die Deutschen Smartphones, Haartrockner und elektrische Zahnbürsten auch in den Restmüll, obwohl das verboten ist. So kommt es, das neben Edelmetallen, Eisen, Kupfer und Aluminium auch Seltene Erden in Müllverbrennungsanlagen landen und als Rostasche enden, wobei sie durch ein Bad in kaltem Wasser zu schlackeähnlichen Krümeln verbacken. In dieser Form sind sie wertlos – noch.

Unter der Leitung der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin arbeiten Forscher bundesweit an Methoden, mit denen sich mehr Metalle bergen lassen sollen als bislang – und eben auch Seltene Erden. Zu diesem Zweck wird die Berliner Firma Tartech in Damsdorf nahe Hamburg voraussichtlich im April 2014 eine 2,5 Millionen Euro teure Pilotanlage in Betrieb nehmen, die von der Stadtreinigung Hamburg, einem weiteren Partner des Projekts, mit 40.000 Tonnen Schlacke beliefert werden soll. Auch die Berliner Stadtreinigung will dort Schlacke testen lassen.

Bisher würden aus einer Tonne Schlacke etwa zehn Kilogramm Aluminium und Kupfer gewonnen, erläuterte Dr. Stefan Lübben von der Stadtreinigung. Bei diesem herkömmlichen Verfahren zögen Magnete und Wirbelstromabscheider aus der Aschemasse eisenhaltige und nicht eisenhaltige Metalle heraus. Das funktioniere mit bis zu 15 Millimeter kleinen Schlackepartikeln. Künftig solle der Anteil des zurückgewonnenen Metalls verdoppelt werden, indem auch Partikel miteinbezogen werden, die kleiner sind als ein Millimeter. Herauskommen sollen dann 20 Kilogramm Metall pro Tonne Schlacke statt zehn. Das erscheint nicht viel. Ein Irrtum, so Lübben. Man müsse die gesamte Dimension sehen: „Allein in Hamburg entstehen pro Jahr 200.000 Tonnen Schlacke, bundesweit fallen 4,8 Millionen Tonnen an. Deshalb lohnt es sich sehr wohl, wenn wir ein Prozent Metall mehr gewinnen. Da geht es um viele Millionen Euro.“

Möglich machen soll dies ein neues Verfahren, das Tartech in der Pilotanlage nahe Hamburg erproben will. Dabei werden die Aschepartikel mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1000 km/h auf einen Rotor geschleudert, wodurch die mineralischen Anhaftungen abspringen. Übrig bliebe der metallische Kern. Wenn man dann aus der Masse solcher Partikel wiederum die eisen- und nicht eisenhaltigen Metalle herausziehe, sollten Seltenerdmetalle übrig bleiben. Diese lägen in der Schlacke nach Schätzungen zwar nur in einer Konzentration von etwa 25 ppm vor (parts per million, also 25 von einer Million Teilchen), aber bei einem bundesweiten oder internationalen Einsatz lohne sich die Technik, erläuterte Tartechs Chefingenieur Claus Gronholz. Ob all das tatsächlich so funktioniert wie gedacht, dürfte wohl erst ab 2016 feststehen.

Noch erheblich länger wird es dauern, bis sich das Seltenerdmetall Neodym aus Magneten von Windkraftgeneratoren zurückgewinnen lässt. Prof. Jörg Woidasky von der Hochschule Pforzheim erzählte auf der Tagung in Hamburg, dass bereits erprobt worden sei, wie sich etwa die Faserverstärkten Kunststoffe aus den gewaltigen Windrädern zerkleinern und dann als Beimischung von Beton neu nutzen ließen. Aber Neodym? „Dazu wird geforscht, mehr aber auch nicht.“

Ein unerwarteter Beitrag zur Lösung der Verknappung könnte aus Sachsen kommen. Ende Januar stellte dort die Seltenerden Storkwitz AG, eine Tochterfirma der Deutschen Rohstoff AG, das Gutachten einer australischen Beratungsfirma vor. Demnach könnten im oberen Teil einer Lagerstätte unter dem Ortsteil Storkwitz bis in 600 Meter Tiefe 20.100 Tonnen Seltenerd-Oxide enthalten sein. Schätzungen in den 1980er-Jahren hatten 38.000 Tonnen vorhergesagt; zu einem Abbau war es damals aber nicht gekommen. Derzeit prüft das Unternehmen, zu welchen Kosten sich die Rohstoffe fördern ließen – und ob in größeren Tiefen noch mehr lagert. Ziel sei es, mindestens 80.000 Tonnen Seltenerd-Oxide nachzuweisen.

Quelle: http://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article113435656/Die-schwierige-Suche-nach-den-Seltenen-Erden.html

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